Montag, 6. August 2012

Atheismus




Wann immer ich mit Gläubigen spreche, läuft es nach einer Weile aus den verschiedensten Gründen auf ein Thema hinaus: Atheismus.
Auffällig dabei ist, dass ich mich immer wieder den exakt gleichen Vorwürfen zu stellen habe. Der Atheismus sei für so furchtbare Verbrechen verantwortlich, der Atheismus würde keine moralische Grundlage liefern, der Atheismus sei auch nur ein Glaube und, und, und.
Darauf möchte ich gern im Folgenden Bezug nehmen.
Ich werde mich eingangs um eine sehr kurze Erklärung bemühen, die kurz umreißen soll, was Atheismus eigentlich ist. Im Hauptteil möchte ich mich dann mit den populärsten Vorurteilen gegenüber dem Atheismus beschäftigen und abschließend ein paar Konsequenzen daraus ableiten, die ich ganz persönlich als Folge aus dem Atheismus zog und noch immer ziehe.

Zuerst einmal ganze Vorne angefangen, was ist die Grundbedeutung von Atheismus? Das Bertelsmann Universallexikon beschreibt einen Atheisten als einen „Gottesleugner im Sinn der Negation jeder Art göttlicher Wirklichkeit.“ Passend dazu wird auf Wikipedia der Atheismus als die „Überzeugung, dass es keinen Gott bzw. Götter gibt“ beschrieben. Philosophen und prominente Atheisten prägten in der Vergangenheit immer wieder die mit dem Naturalismus übereinstimmende Position, dass es „im Universum mit rechten Dingen zugeht.“
Ich persönlich beschreibe Atheismus als die Einstellung bzw. Ablehnung jedweder Gottesidee und ich denke, damit stimme ich mit den obigen Erläuterungsversuchen ganz gut überein.

Vorab möchte ich noch eine kleine Unterscheidung im Atheismus einführen, welche allein auf meiner persönlichen Einschätzung beruht. Ich teile die Atheisten in 2 Gruppen ein: In die „natürlichen Atheisten“ und die „bewussten Atheisten“.
Als „natürliche Atheisten“ bezeichne ich die Menschen, die sich nie wirklich mit dem (bzw. irgendeinem) Theismus und den dort enthaltenen Lehren beschäftigten und aus diesem Grund vollkommen ‚natürlich‘ nicht an eine Gottesidee glauben (so sind meiner Meinung nach z. B. Neugeborene und kleine Kinder „natürliche Atheisten“, da sie von sich aus nicht an einen christlichen oder jüdischen Gott glauben. Sie lehnen diesen Gedanken zwar nicht bewusst ab, aber das liegt allein daran, dass sie ihn schlichtweg nicht kennen und somit vollkommen davon befreit sind. Dieser Glaube an einen Gott würde erst durch Fremdeinwirkung antrainiert). Als „bewusste Atheisten“ verstehe ich diejenigen, die durch ihnen bekannte Gründe (ob rational oder irrational sei dahingestellt) und bei klarem Verstand die Idee eines Gottes ablehnen.

Jedenfalls, der Atheismus ist die schlichte Ablehnung. Aus diesem Grund ist es auch unmöglich, ihn mit dem Christentum oder einer anderen Religion zu vergleichen, womit ich beim ersten Vorwurf wäre:


„Der Atheismus ist doch auch nur eine Religion/ein Glaube!“

Eben nicht. Der Atheismus ist kein Glaube, sondern die Ablehnung des Glaubens. Oft geht mit diesem Einwand der Vergleich mit dem etablierten Monotheismus einher. Jedoch ist es äußerst unüberlegt, einen Vergleich anzustellen und zwar aus folgendem Grund: Ein Monotheismus charakterisiert sich immer durch eine gewisse Ideologie und dadurch mit diversen Inhalten. Im Falle des Judentums, Christentums und des Islams ist das ganz klar der Gedanke an einen persönlichen Gott, welcher Gebete erhören und eingreifen kann, die elitäre Stellung der jeweiligen Gläubigen und aus heiligen Büchern zu entnehmende Moralvorstellungen. Dem Atheismus jedoch „fehlen“ jegliche Inhalte. Er ist komplett frei von Moralvorstellungen (was wiederum einen eigenen Vorwurf an den Atheismus darstellt, aber dazu später mehr), frei von der Emporhebung einer gewissen Bevölkerungsgruppe als auserkorenes Volk und erst recht frei von der Idee eines Gottes.
Theismus - gefüllt mit Inhalten
Es gibt im Englischen einen sehr passenden Vergleich, welcher besagt „If atheism is a religion, then ‚Off‘ is a TV channel.“
Damit sollte klar gezeigt sein, dass man den Atheismus schlichtweg etwas ganz anderes ist als eine Religion. Denn das Vorhandensein von Inhalten ist nur schwer mit dem nicht-Vorhandensein von Inhalten zu vergleichen, so wie der Aus-Schalter am Fernseher nicht auf einen anderen Kanal wechselt, sondern den Fernseher ausschaltet. Dies im Hinterkopf behaltend sind im Grunde fast sämtliche Argumente und Behauptungen gegen den Atheismus widerlegt. Wenn es doch nur so einfach wäre…
Infolge der Darlegung und der Erklärung des Atheismus trifft man recht schnell auf einen Einwand, welcher auf den ersten Blick relativ überzeugend wirkt:


„Du glaubst doch nur, dass Gott nicht existiert, ebenso wie ich glaube, dass er existiert.“

Kurz und knapp: Vollkommen richtig. Kein einziger Atheist auf der Welt kann beweisen, dass es Gott nicht gibt. Aber ebenso wenig kann irgendjemand auf der Welt beweisen, dass es den Weihnachtsmann, den Osterhasen, Elfen oder Trolle nicht gibt. Tatsächlich ist die Person, die eine Behauptung aufstellt in der Beweislast. Und die Behauptung ist nun einmal, es würde einen Gott geben (sich rhetorisch für begabt haltende Theisten versuchen gern die recht abgedroschene Argumentation, ein Atheist würde die Behauptung aufstellen, es gäbe keinen Gott, also müsse dieser es beweisen. Das ist natürlich eine leicht zu durchschauende Verkehrung der Tatsachen.). Bei dieser Gelegenheit sollte mit einem Gerücht über den Atheismus aufgeräumt werden: Der Atheismus besagt nicht, es gäbe keinen Gott und man könne dies beweisen.  Eine bislang nicht bewiesene Behauptung ist auch nicht zu widerlegen, da die zu widerlegenden Beweise schlichtweg fehlen. Ich und viele andere bewusste Atheisten sehen im Atheismus viel eher die Aussage, dass es keinen vernünftigen Beweis bzw. Grund gibt, an einen Gott zu glauben.

Hierbei sollte nicht ganz unbeachtet bleiben, dass mit dem religiösen Glauben in den seltensten Fällen ein „nicht-Wissen“ gemeint ist. Viel eher ist es oftmals so, dass ein religiöser Glaube ein unbedingtes Fürwahrhalten bedeutet, absolut unzugänglich für jedwede Art von Kritik oder Widerwort. Jedoch wird das „Glauben, es gäbe keinen Gott“ als schlichte Vermutung oder fehlendes Wissen abgetan.
Diese Erklärung bietet an einer bestimmten Stelle einen hervorragenden Aufhänger für einen weiteren Vorwurf an den Atheismus. Weiter oben schrieb ich, dem Atheismus würden im Vergleich Inhalte „fehlen“. Er sei frei von Moralvorstellungen. Ist das so?


„Und wie weißt du dann, was gut und schlecht ist? Woher nimmst du deine Moral?“

Unzählige Male durfte ich mich diesen Fragen stellen. Und ich muss gestehen, dass sie ein furchtbares Armutszeugnis für den Fragesteller bescheinigen. Aber darauf möchte ich noch nicht eingehen, sondern es später nachholen.
Die Beantwortung der Frage ist relativ simpel: Der Atheismus beschäftigt sich nicht mit Fragestellungen nach der moralischen Aufrichtigkeit oder dem Einschätzen und Beurteilen von moralischen Belangen. Daher müssen für solche Themen andere Quellen zu Rate gezogen werden. Tatsächlich ist eine ethische Basis einer Gesellschaft genau genommen einzig dann möglich, wenn ein atheistisches Grundverständnis vorhanden ist. Das klingt wie eine ziemlich gewagte Behauptung, welche ich jedoch nicht unbegründet lasse:
In der praktischen Ethik geht es darum, möglichst faire Lösungen für diejenigen zu finden, die an einem Konflikt beteiligt sind. Im Theismus spielt jedoch nicht die faire Lösung für die Beteiligten eine Rolle, sondern die religiös geprägte Einschätzung der Lage (und dass diese sich nicht immer nach den menschlichen Bedürfnissen und einer entsprechenden Fairness ausrichtet, wird jeder verstehen, der eine schariakonforme Steinigung einer Ehebrecherin sehen durfte). Wird in einer Konfliktsituation erst einmal der angeblichen Meinung einer göttlichen Position Wert verliehen, besteht im Allgemeinen keine Basis mehr für ethisches Handeln. Natürlich bedeutet das nicht, dass religiöse Menschen unfähig zu ethischem Handeln sind, mitnichten. Jedoch ist die religiöse Basis kaum brauchbar, wenn es um die faire Konfliktlösung zwischen Gläubigen verschiedener Religionen untereinander und Glaubensfreien, sprich Atheisten, geht.
Das heißt, um es kurz zu fassen: Moral (ausnahmsweise als Synonym für Ethik) und das Beurteilen von ‚gut‘ und ‚schlecht‘ müssen auf der Basis von menschlichen Interessen im Einklang mit den Umständen passieren. Eine theistische Position wäre in diesem Falle höchst hinderlich, da diese meistens nicht verhandelbar ist, somit kann keine wirklich faire Übereinkunft getroffen werden.
Natürlich ist obiges kein Inhalt des Atheismus. Denn wie bereits angeführt, ist der Atheismus frei von Inhalten. Jedoch ist dies eine Antwort auf den Vorwurf, als Atheist sei man ein Mensch ohne moralische Vorstellungen. Der Atheismus beschäftigt sich mit solchen Fragen nur nicht. Das heißt aber nicht, dass ein Atheist sich auch nicht damit beschäftigen würde. Ein fataler Fehlschluss, der aus dem bereits als unzulässig entlarvten Vergleich zwischen Theismus und Atheismus entsteht. Während ein Christ sich mit sämtlichen Inhalten seiner Ideologie identifiziert, wird fälschlicherweise angenommen, dass der Atheist sich ebenfalls nur mit dem Atheismus identifiziert, welcher ja keine vergleichbaren Inhalte besitzt.
Behält man dies im Hinterkopf, ist der nächste Vorwurf eine einzige Farce, jedoch sollte er aufgrund seiner inflationären Anwendung Erwähnung finden.


„Der Atheismus hat die schlimmsten Untaten hervorgebracht, Hitler war ein Atheist und der Atheismus ist schuld am Holocaust!“

Stalin und Mao werden auch gerne im gleichen Atemzug genannt, jedoch spielt dies bei der Widerlegung keine Rolle. Natürlich könnte man auf den Personenkult um Hitler (oder Stalin und Mao) Bezug nehmen, welcher sicherlich religiöse Züge hat. Auch könnte man erwähnen, dass sich in Hitlers Buch „Mein Kampf“ klare Bezüge auf den christlichen Auftrag finden lassen, dass der Hass auf Juden durch den Apostel Paulus und Martin Luther, höchst religiöse Menschen, bereits weit verbreitet war. Aber das alles ist im Grunde gar nicht so wichtig. Denn es spielt keinerlei Rolle, ob jemand zum Zeitpunkt seines Handelns Atheist ist oder nicht. Sondern ob die ausschlaggebenden Motive auf dem Atheismus beruhen. Und diese Frage ist ganz direkt zu verneinen. Denn wie sollen die fehlenden Inhalte des Atheismus verantwortlich sein? Man könnte auch die Frage provokativer und damit eindeutiger stellen: Welche Inhalte des Atheismus waren verantwortlich? Die Frage beantwortet sich von selbst.

Bezeichnend ist, wie wenig durchdacht der Vorwurf ist. Nehmen wir mal an, Hitler wäre Atheist gewesen. Wäre dies ein Beweis dafür, dass der Atheismus solch ein Übel hervorbringt? Nach der gleichen Logik müsste bei jedem Vergewaltiger, welcher der Katholischen Kirche angehört, der Grund für die Vergewaltigung in der christlichen Lehre gesucht werden.
Noch einmal in aller Deutlichkeit: Es spielt keine Rolle, welcher Ideologie, welchem Glauben oder Unglauben jemand anhängt. Wichtig ist einzig und allein, ob die Motivation für die Handlung im Glauben oder der Ideologie begründet liegt. Das lässt sich bei etwas Inhaltsleerem wie dem Atheismus nur sehr schwer und höchstens mit einer dicken Portion Unwissen oder bösartiger Ignoranz bewerkstelligen.

Eigentlich läuft es immer wieder auf das Gleiche hinaus – Der Atheismus ist inhaltsfrei, komplett wertfrei. Eine perfekte Vorlage für jeden Gläubigen, der im Atheismus Anarchie, Mord und Todschlag befürchtet:


„Im Atheismus ist ohne Gott doch alles erlaubt!“

Stimmt das? Gibt es keine Grenzen? Bevor ich diesen irrigen Gedanken richtig stelle, möchte ich kurz auf die Dreistigkeit dieser Unterstellung eingehen. Schaut man sich die Geschichte des Monotheismus an, so scheint es doch viel eher so, dass gerade mit Gott so ziemlich alles erlaubt ist. Kriege, Hinrichtungen, das Verbrennen von Frauen aufgrund ihrer Haarfarbe, Vergewaltigungen, das Abhacken von Körperteilen, Kindsmorde, Menschenopfer, Sklavenhaltung, das Verbieten von lebensrettenden Medikamenten, Diskriminierung von Homosexuellen, Hetze, Beschimpfung und schließlich Mord an Ärzten, welche Abtreibungen durchführten, sogar das Ermorden von Menschen aufgrund von gezeichneten Comics ist mit Gott an der Seite gestattet. Ganz im Sinne des „Deus lo vult“ der Kreuzzüge. Gott will es.

Atheismus - Frei von jeglicher Moral?
Aber zurück zu dem Vorwurf, im Atheismus sei alles erlaubt. Wer einem Atheisten abspricht, ein vernünftiger Mensch zu sein, welcher ethische Prinzipien hat, sich an die Gesetze der Gesellschaft hält und die Menschenrechte als Basis für ein annehmbares Miteinander ansieht, der dürfte tatsächlich so denken. Tut man das jedoch nicht, sondern gesteht einem Atheisten ein, Vernunft zu besitzen, möglicherweise an die Ethik als ehrenwertes Leitbild zu vertreten, der würde kaum ernsthaft eine derartige Position verteidigen können. Tatsächlich ist es erfahrungsgemäß so, dass dieser Vorwurf in den seltensten Fällen wirklich ernst gemeint ist, sondern kaum mehr als eine stupide Diffamierung darstellt, getätigt mit der Absicht, den Atheismus als etwas Verwerfliches zu brandmarken.
Wie im vorangegangenen Vorwurf kann dieser nur durch Unwissen oder Ignoranz getätigt werden. Denn auch hier zeigt sich, dass es ein gnadenloser Fehlschluss wäre davon auszugehen, ein Atheist identifiziere sich einzig und allein mit dem Atheismus. Erneut wird deutlich, wie unvergleichbar Atheismus und Monotheismus sind, da in letzterem eine derartige Identifizierung absolut Sinn ergeben würde, aber bei ersterem? Keinesfalls.

Jedoch gibt es tatsächlich diverse Dinge, die einem Atheisten erlaubt sind, wo jedoch der Gläubige an Grenzen stoßen mag. Ein Atheist darf Schweinefleisch essen, so viel er will und wann immer er will, ein Atheist darf am Ramadan essen und trinken, so viel er will, wann er will und ein Atheist muss nicht mit dem Gedanken leben, ein sündhafter und durchweg verdorbener Mensch zu sein, welcher einzig und allein durch die telepathische Annahme eines vor 2000 Jahren gestorbenen Juden gerettet werden kann.
Insofern, ja, einem Atheisten sind dank der Befreiung der Gottesidee weniger Grenzen gesetzt und mehr Freiheiten gestattet. Aber diese Freiheit mag auch einen negativen Charakter haben, wie der letzte Vorwurf zeigt:


„Ohne Gott ist das Leben doch sinnlos. Ein Atheist hat keinen Sinn im Leben!“

Dieser Vorwurf ist der mit Abstand unüberlegteste, gehässigste, dreisteste und außerdem ist er an Impertinenz kaum zu überbieten.
Die Tatsache, dass viele Gläubige sich außer Stande sehen, einen Sinn im Leben ohne die Abhängigkeit an einen Gott zu finden ist bei weitem keine Berechtigung, eben diesen den anderen Menschen abzusprechen. Jedoch möchte ich im Detail nicht zu sehr darauf eingehen.
Tatsächlich muss man als Atheist das Eingeständnis machen, dass der Atheismus keinen Sinn für das Leben liefert. Aber ist das ein Problem?
Das ist mitnichten der Fall. Denn aus der Tatsache, dass der Atheismus keinerlei Sinn für ein Leben liefert, resultiert eine ungeheure Freiheit und ebenso die große Verantwortung, sich eigenständig Gedanken zu machen und ohne Zwang einen persönlichen Sinn für das eigene Leben zu finden. Ich habe jedoch vollstes Verständnis dafür, dass diese Freiheit sowie Verantwortung für nicht wenige Menschen eine ungeheure Last darstellen und es als angenehmer empfunden wird, von beidem befreit zu sein (dieses „Dilemma“ beschrieb Hannah Arendt eindrucksvoll in ihrem Buch über Adolf Eichmanns Prozess in Jerusalem, in dem sie unter anderem herausarbeitete, wie Herr Eichmann eine ganz persönliche Art von Freiheit dadurch erlebte, dass er in einer Befehlskette klar Anweisungen zu befolgen hatte).
Aber man sollte davon absehen, die eigene (wohl in den meisten Fällen religiös bedingte) Abhängigkeit von der „Vorgabe des Sinns und Abnahme der Verantwortung“ insofern als allgemein gültig zu erklären, dass ein jeder Mensch unter der Knute der Abhängigkeit steht oder zumindest zu stehen habe.

Für mich persönlich ist genau dieser Sachverhalt ein großer „Sinn im Atheismus“. Insofern wird mein eigener Atheismus mit etwas gefüllt, er bleibt kein „leeres Nichts“. Und das ist nicht der einzige Umstand, welcher ihm Inhalt verleiht, es gibt noch mehr.
Als Bereicherung habe ich ebenfalls das Erkennen der Tatsache empfunden, dass mit allergrößter Wahrscheinlichkeit sämtliche Gottesbilder sowieso deren Schriften und die darin enthaltenen Anweisungen besonders in Bezug auf Ethik und Moral rein menschlich erdacht sind. Das bedeutet, dass es meine Freiheit und Verantwortung (wieder diese beiden Komponenten, sie können meiner Meinung nach niemals gesondert voneinander stehen) ist, eben diese Inhalte zu hinterfragen, sobald ich damit in Kontakt trete. Und zwar gänzlich unabhängig von einer göttlichen Verfasserautorität, welche möglicherweise Kritik oder Ablehnung mit Strafe ahnden würde. Eine Hinterfragung auf rein ethischer Basis, das heißt nur unter Berücksichtigung der Interessen derjenigen Personen, die beteiligt sind, kann in einem Theismus auf keinen Fall stattfinden, da die göttliche Komponente nun einmal Erwähnung finden muss, wie ich weiter oben darlegte.
Als es um den Einwand ging, im Atheismus finde sich keine Moral oder Ethik, stellte ich die Behauptung auf, dies sei ein furchtbares Armutszeugnis für den Fragesteller. Darauf möchte ich noch kurz eingehen. Schon oft hörte ich, wie gesagt wurde, unsere gesellschaftlichen Werte gingen auf Jesus und die 10 Gebote zurück. Und schon oft hörte ich in persönlichen Gesprächen, man würde seine moralischen Vorstellungen aus der Bibel oder dem Koran ziehen. Ganz im Ernst? Gibt es keine andere Quelle? Bedeutet es, man wäre ohne heilige Schrift komplett hilflos und wüsste nicht, dass es falsch ist, einen anderen Menschen zu ermorden? Und dass es falsch ist, zu stehlen?  Und wie lebten die Menschen vor den 10 Geboten? Hatten sie etwa nicht gewusst, was in Ordnung und was falsch wäre (tatsächlich zogen die Israeliten laut der Bibel mordend und plündern durch die Lande, jedoch taten sie dies eher durch göttliche Gebote und nicht trotz göttlicher Gebote…)?
Wer zugibt, solch heilige Schriften als Leitfaden für moralisches Handeln zu benötigen (und kaum etwas anderes ist die Frage nach der Quelle für moralisches Handeln beim Atheisten) zeigt doch, im Kern ein unmündiges Lebewesen zu sein, welches mit der bereits angesprochenen Freiheit und der damit einhergehenden Verantwortung kaum umzugehen weiß.

Atheismus - Die Freiheit, selbst Inhalte zu finden

Mein persönlicher Atheismus bedeutet, aus dem Theismus zu lernen. Zu erkennen, dass im Theismus keine ethische Basis herrscht. Zu erkennen, dass ein Hinterfragen kaum möglich und, noch schlimmer, kaum erlaubt ist. Und zu erkennen, dass es in meiner Verantwortung liegt, mit der mir eigenen Freiheit sinnvoll etwas anzufangen.
Erkenntnisse, die für mich ohne das Verstehen des Atheismus verborgen geblieben wären.


Wie eingangs erwähnt war mein Vorhaben darzulegen, was der Atheismus überhaupt ist, was es mit den wohl am meisten verbreiteten Vorwürfen auf sich hat und was meine ganz persönlichen Konsequenzen aus dem Atheismus sind.
Ich hoffe, dass mir das einigermaßen gelungen ist. Falls es Gegenstimmen wider dem gibt, was ich schreibe, würde ich mich freuen, mich mit diesen auseinandersetzen zu dürfen. Denn ich bin Atheist – und ich darf das.

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